Dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU ist mit der TU Bergakademie Freiberg ein Durchbruch in der Stahlgusstechnologie gelungen. Sie haben einen kaltumformbaren, kupferlegierten Stahlguss mit TRIP/TWIP-Eigenschaften entwickelt. Dieser markiert einen Meilenstein in der Materialwissenschaft.
Die neue Legierung bietet eine bisher beispiellose Kombination aus Festigkeit und Duktilität: Sie ist hoch belastbar und kann sich dennoch plastisch verformen. Das eröffne gänzlich neue Perspektiven für sicherheitskritische Anwendungen und öffne zugleich den Weg für mehr Nachhaltigkeit, informiert das Forschungsinstitut. Jährlich könnten in Deutschland dadurch 40 Tonnen CO2 eingespart werden.
Der Kern der Innovation liegt im sogenannten TRIP/TWIP-Effekt, der dem neuen Stahlguss seine außergewöhnlichen Eigenschaften verleiht. TRIP steht für „Transformationsinduzierte Plastizität“. Beim TRIP-Effekt wandelt sich unter mechanischer Beanspruchung ein Teil des Austenits, einer weichen und zähen Gefügephase, in Martensit um, also in eine harte und feste Phase. Diese Umwandlung führt zu einer lokalen Verfestigung des Materials und erhöht seine Widerstandsfähigkeit gegen Risse.
TWIP steht für „Zwillingsinduzierte Plastizität“. Durch den TWIP-Effekt bilden sich im Austenit sogenannte Verformungszwillinge, die ebenfalls zu einer Verfestigung und Erhöhung der Zähigkeit des Materials beitragen. »Durch die Kombination dieser beiden Effekte wird die Festigkeit des Werkstoffes signifikant erhöht und das Bauteilversagen unter dynamischer Belastung verzögert. Zudem verbessern sich das Umformvermögen und das Energieaufnahmevermögen im Falle eines Aufpralls erheblich«, erläutert Nadine Lehnert, Projektleiterin „Kaltumformung von Stahlguss“ am Fraunhofer IWU.
Neben den Einsatzmöglichkeiten für sicherheitskritische Anwendungen liegt ein weiterer Vorteil des neuen Stahlgusses in der Eignung für die Kaltmassivumformung. Die Kaltumformung ermöglicht die Herstellung von Bauteilen bei Raumtemperatur und verbraucht deutlich weniger Energie als die Warmumformung, da energieintensive Prozesse wie das Erwärmen und Warmwalzen entfallen. Das reduziert die Kosten und CO2-Emissionen. Der teilweise Ersatz von Nickel durch Kupfer reduziert zudem den Einsatz teurer und knapper Ressourcen sowie die gesundheitlichen Gefahren bei der Verarbeitung.
Bildtext Die Kaltmassivumformung könnte jährlich 40 Tonnen CO2 eingesparen. Warmwalzen, Wärmebehandlung, Entzundern und Kaltziehen/-walzen auf Endmaß werden überflüssig.
Grafik: Fraunhofer IWU